Portalflucht

Editorial Ausgabe 84
Die Popularität der -, allen voran der Marktführer, ist nach unserer Wahrnehmung derzeit auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Viele Makler kündigen ihre Verträge, versuchen die gebuchten Kontingente zu verkleinern oder widmen sich neuen oder lokalen Börsen.

Auf der Gegenseite werden deshalb weitere Fluchtwege versperrt, kleine Pakete werden wohl abgeschafft und Einzelbuchungen sollen für gewerbliche bald nicht mehr möglich sein.

Das ist eine beispiellose Situation im B2B-Bereich. Anbieter, die von ihren Kunden beinahe gehasst werden. Obwohl deren Produkte in den derzeitigen Verkäufermärkten eigentlich kaum gebraucht werden, sind die Portale trotzdem in der Lage, beständig an der Preisschraube zu drehen. Seit Jahren suchen die Nachfrager nach Alternativen, doch die Anbieter entwickeln ebenso schnell Gegenmaßnahmen. Galten die Portale zuvor lediglich als Anlaufpunkt für Interessenten, bemühen sie sich nun auch Eigentümer bzw. Privatverkäufer auf ihre Seite zu locken. Wer als Makler dort nicht vertreten ist bekommt dann weniger Aufträge. Positive Bewertungen, die der Makler in den Portalen angesammelt hat, werden zu einem weiteren Druckmittel um „Portalflucht“ zu verhindern.

Ausgabe 84
Dieses finden Sie in Ausgabe 84 / 2016

Die Makler bemühen sich dagegen die Bedeutung der Portale für den Suchenden zu vermindern, indem sie Angebote dort selektiv, unvollständig (mit Verweis auf die eigene Homepage) oder verzögert präsentieren. Mittels Software wird die Rotation durch unterschiedliche Portale ermöglicht. Gekontert wird dies von der Gegenseite durch vermeintliche Flatrate-Pakete. Der Verkleinerung des veröffentlichten Portfolios soll so zumindest der finanzielle Anreiz genommen werden.

Ist der Makler noch Kunde oder schon das Produkt? Für die Portale sind die Objekte entscheidend. Keine Objekte, keine Interessenten. Der Makler als Haupt-Lieferant dieser Objekte ist also nicht ohne Einfluss. Andererseits können sich die Portale auf „ihre Makler“ verlassen: Sie fallen auf jeden Trick rein!

Hier muss nochmals betont werden, dass es nicht aufs Geld ankommt. Es geht nicht um die Kosten der Annonce und auch nicht um die Art und Weise wie Preisrunden eingeläutet werden. Weit schlimmer ist die Situation, dass quasi der gesamte Objektbestand im Web abgebildet ist. Das ist quasi die Ur-Katastrophe für die Maklerbranche. Denn angelockt von günstiger Online- wurden immer mehr Objekte eingestellt und die Portale erhielten immer mehr Einfluss. Zunächst auf die Interessenten, dann auf die Eigentümer. Und die Makler machen jeden Schritt dankbar mit. Warum sollte man sich in einem Portal von Interessenten bewerten lassen und sich damit in weitere Abhängigkeiten begeben? Weil es der Wettbewerber auch macht? Weil es mögliche Eigentümer beeindruckt? Bei vielen Angeboten der Portale geht weniger um den Nutzen für die Makler / Kunden, sondern stets um die Verschlechterung deren Verhandlungs-Position. Der Verhinderung von Portalflucht.

Lässt sich die Situation noch retten? Der Hebel sind weiterhin die Objekte, die hat der Makler und das Business bleibt weiterhin „Local Business“. Entzieht man einem Portal die Objekte, merken das früher oder später auch die Interessenten und suchen an anderer Stelle nach Immobilien. Dann kommt eine Abwärtsspirale in Gang: Keine Objekte, keine Interessenten und keine Klicks auf Werbebanner, noch weniger Objekte mangels Interessenten, noch weniger Interessenten mangels Objekte, usw.

Lokal bzw. regional sind solche Szenarien jederzeit möglich. Es braucht dazu nicht einmal eine neue Immobilienbörse. Es reicht (nur ein Beispiel), wenn Makler den jeweiligen Bestand auch auf der Homepage des Kollegen veröffentlichen und natürlich umgekehrt. Dazu braucht es nur zwei, drei Marktführer und die Bereitschaft fair miteinander zu arbeiten. Dann hat jeder Makler den Gesamtbestand und die Interessenten werden sich neu orientieren. Technisch wäre das kein Problem, organisatorisch kaum mehr, menschlich schon eher. Kann man dem Kollegen trauen? Wer hat mehr Vorteile und wer mehr Nachteile bei dieser Kooperation?

Daher ist es wahrscheinlicher, dass sich die Portale weiterhin auf „ihre Makler“ verlassen können.

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2 Kommentare zu “Portalflucht

  1. SEO und Social Media-Kanäle sind auch keine Alleinstellungsmerkmale der großen Immobilienplattformen. Ich denke, dass gerade lokale Makler hier viel „verschlafen“. Online- Offline Werbung in der Region, Zusammenarbeit mit anderen Regionalmaklern und vielleicht auch die ein oder andere Zeitungsanzeige (wie „früher“ 😉) kann sehr viel bewirken. Nur anfangen und konsequent durchziehen, dass muss jeder Makler schon selbst organisieren.
    Was mich ärgert, sind „Kollegen“ die über Facebook, etc. ihre „Jammerei“ über Andere und die „bösen „Kunden“ verbreiten oder sich sogar lustig machen darüber, dass ein Kunde eine „blöde“ Frage stellt. 😡 Sorry, aber das ist nicht unbedingt förderlich für unseren guten Ruf.

  2. Das wirklich einzige Gegenmittel ist eine Vereinheitlichung der Angebote – ein MLS, wie wir es aus USA und Kanada z.B.kennen: einheitliche Provisionsgestaltung (nur Verkaufshonorar/Innenprovision), einheitliche verbindliche Gepflogenheiten bei der Provisionsteilung (50/50). Eitelkeiten von Verbänden und elitäres Gehabe verhindern das. Die Systemmakler (Verbundmakler, Franchisemakler) könnten dies zunächst auch umsetzen – aber auch hier haben wir es mit sehr unterschiedlichen Marktgepflogenheiten und noch mehr Eitelkeiten zu tun. Die „Opfer“ erzeugen sich quasi selbst….

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