Systematics (5): Die unternehmerische Vision

Wie konkret muss die Vision sein?

Da die Vision meist einen Idealzustand beschreibt, der in der Zukunft erreicht werden soll, darf die Vision durchaus ein wenig übertreiben. Gleichzeitig ist es günstig, wenn die Vision im Spannungsfeld zwischen einer vagen und konkreten Formulierung steht. Vage Formulierungen (z.B. mehr Lebensqualität, freundschaftliches Zusammenarbeiten, die Verwirklichung unserer Träume) tragen dazu bei, dass der Leser selbst ein inneres Bild erschaffen muss, dass die Vision mit Leben füllt. Dadurch werden Emotionen und Vorstellungen angeregt und die Kreativität gefördert.

Beitrag aus Heft 50 / 2008
Beitrag aus Heft 50 / 2008

Konkrete Formulierungen haben den Vorteil, dass die Vision auch einer Prüfung standhalten kann und der Unternehmer Methoden finden kann, um Fortschritte zu messen und damit die Vision leichter Wirklichkeit werden lassen kann. Formulierungen wie „unser Service übertrifft die Erwartungen des Kunden“ können durch entsprechende Messungen tatsächlich überprüft werden. Wird eine solche Messung schließlich auch im Business Plan verankert und tatsächlich durchgeführt, trägt dies enorm zur Glaubwürdigkeit des Unternehmens bei.

Vergleiche und Bewertungen des Marktes sollte man in Visionen nach Möglichkeit nicht verwenden. Die Formulierung „Wir heben uns deutlich vom schlechten Bild des Maklers in der Gesellschaft ab“ oder „wir sind deutlich besser als unsere direkten Mitbewerber“ führen nur dazu, dass das eigene Unternehmen ungewollt mit dem schlechten Bild des Maklers oder dem Mitbewerber assoziiert wird – und genau das Gegenteil ist ja schließlich gewollt.

Eine Beispielvision

Da es erfahrungsgemäß nicht einfach ist die formalen Anforderungen einer Vision gleich in einer eigenen Formulierung zu verarbeiten, folgt nun ein einfaches Beispiel einer unternehmerischen Vision. Bitte beachten Sie, dass Ihr eigenes Unternehmen einzigartig sein sollte, übernehmen Sie den Vorschlag also nicht direkt, sondern passen Sie diesen mindestens ein wenig an. Oder entwickeln Sie nach dem Muster am besten gleich eine vollkommen neue und passendere Variante für Ihr Unternehmen.

Bernd Schnecke stellt sich die Frage, wie er durch das Vermitteln von Vermietungsobjekten zu mehr Lebensqualität für seine Kunden und Mitarbeiter beiträgt. Er möchte eine anregende Formulierung finden, die allen Beteiligten klarmacht, welchen Nutzen sie aus der Zusammenarbeit ziehen können. Er formuliert seine Vision folgendermaßen:

Schnecke Immobilien zählt zu den fortschrittlichsten und kundenorientiertesten Vermietungsspezialisten in Hessen. Alle unsere Serviceleistungen sind ausgereift, effektiv und effizient. Sie ermöglichen allen Mietern und Vermietern die schnelle Erreichung Ihrer Ziele: Gute Objekte zum marktgerechten Preis und zueinander passende Mieter und Vermieter. Die Zusammenarbeit mit uns ist geprägt durch Fairness und Wertschätzung. Unser Team ist diesen Werten gegenüber verpflichtet und steht für die Qualität unserer Dienstleistungen.

Sicherlich kann diese Vision noch optimiert werden. Möglicherweise ist sie etwas zu lang und sie enthält wenig Aussagekraft hinsichtlich eines aggressiven Wachstums. Sie beschreibt jedoch den Sinn des Unternehmens und den zu schaffenden Nutzen: Eine gute Beziehung zwischen Mietern und Vermietern (was letztendlich beiden wichtiger sein sollte als der Mietpreis) und Fairness und Wertschätzung im Team.

Die Begriffe fortschrittlich, kundenorientiert und Qualität lassen sich durchaus messen, so dass es bei dieser Vision möglich ist, die Erfüllung durch geeignete Methoden später tatsächlich zu überprüfen.

Was noch zu beachten ist

Eine gute Vision ist die Grundlage für dauerhafte gute Zusammenarbeit und das Engagement über finanzielle Vorteile hinaus. Eine gewisse Gefahr besteht darin, dass Menschen, die sich einem Ideal zu sehr verpflichten, oft vergessen ihre eigenen Bedürfnisse zu formulieren. Auch kann eine Vision sich im Team verselbständigen und zu einer gewissen Form von Fanatismus führen. Dann verliert man schnell die eigentlichen Ziele aus den Augen. Sorgen Sie daher immer dafür, dass neben der Vision auch die inhaltlichen Anforderungen an eine Tätigkeit beschrieben und die marktgerechte Vergütung dafür gewährleistet sind. Schließlich möchten Sie doch keine Mitarbeiter, die sich fanatisch in einer Sache engagieren und an einer fairen Vergütung kein Interesse mehr haben.

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