Kopfsache – Editorial 133

Das Ereignis liegt schon mehr als 10 Jahre zurück. Ein Makler aus dem nördlichen Hamburger Vorland berichtet von einem interessanten Experiment. Er war dazu übergegangen, interessierte Eigentümer zur
Akquise-Verhandlung in sein Büro einzuladen. 80 Prozent der passiv aktivierten Kontakte nahmen den Vorschlag an, bei den „kalt“ akquirierten Eigentümern waren es immerhin noch 20 Prozent – Pareto grüßt mal wieder. Noch spannender war, dass die Erfolgsquote nahezu 100 Prozent war, wenn die Verhandlungen im Büro startete.

Es war das erste Mal, dass ich von dieser Vorgehensweise – Ersttermin im Maklerbüro – hörte. So habe ich mich anfangs kaum getraut, mit anderen Maklern darüber zu diskutieren. Die meisten winken wohl ab, das sei doch illusorisch, denn der Widerstand der Eigentümer wird grundsätzlich vorausgesetzt. So auch von mir, denn aus den bisherigen Verkaufstrainings und Gesprächen mit Maklerkollegen und Verkaufstrainern konnte ich mir Eigentümer immer nur in der Abwehrhaltung vorstellen.

Wenn diese Vorstellung, der Eigentümer unterschreibt nicht freiwillig, er oder sie müssen erst durch den Vertriebler zuvor niedergerungen werden, bei vielen Kollegen heute noch vorherrscht, was stellt dann der erfolgreich vereinbarte Vermittlungsauftrag dar? Ein Glücksfall? Hat man einen Dummen erfolgreich überredet?

Welches Selbstverständnis haben dann Makler mit diesem „Mindset“? Ist man sein Geld wert? Wird der Eigentümer ein gutes Geschäft abschließen? Oder wären die Auftraggeber besser beraten, einen anderen Makler zu beauftragen oder den Verkauf einfach selbst in die Hand zu nehmen?

Inzwischen wird der Ersttermin im Maklerbüro von immer mehr Kollegen angestrebt. Widerstand leisten die Eigentümer eher selten. Es ist doch angenehmer, den Dienstleister in dessen Räumlichkeiten kennenzulernen, als einem Fremden durch die privaten Räumlichkeiten zu führen. Alles Kopfsache!

Die Zeit ist reif, jetzt Neues auszuprobieren. Kaum ein Kollege klagt derzeit über Auftragsmangel, Akquise ist längst kein Engpass mehr. Das bietet Chancen, Verbesserungen einzuführen, zu denen vorher vielleicht der Mut fehlte. Da wären der Ersttermin im Maklerbüro, die alleinige Innenprovision und das hartnäckige Beharren auf marktgerechte Angebotspreise. Alles Dinge, die erfolgreiche Kollegen beherrschen bzw. gestern und heute für unverzichtbar halten.

Was das Thema „Selbstbild“ angeht, genießen die Kollegen derzeit sogar Rückenwind. Wer eine Immobilie verkaufen will, während Käufer und Banken im Streik sind, benötigt professionelle Hilfe.

Der Käufermarkt fordert Veränderungen ein. Es geht aber nicht um andere Verkaufstechniken. Es geht nicht darum, Kaufinteressenten hartnäckiger oder serviler zu bearbeiten. Was geht, zeigte Mark Remscheidt im letzten Webinar (freitags um 15 Uhr bei IMMOBILIEN-PROFI).

Bei einem Inhouse-Seminar für ein Maklerunternehmen in NRW sollte er eine Problem Immobilie mit erheblichen Schimmelbefall vermarkten. Remscheidt besorgt sich also ein örtliches Branchenbuch und ruft Maler-Unternehmen, respektive deren Inhaber an. Tenor: Hier ist eine Immobilie, stark reduziert und
für schlappe 60.000 EUR kann sie der Malermeister mit seinem Team wieder herrichten. Interesse?

Derartige Live-Vorführungen sind immer ein Highlight für die teilnehmenden Makler und ganze vier Telefonate später, konnten zwei Besichtigungen geplant werden. Auch der Notartermin wird in Kürze erfolgen.

Kreative Vermarktungs-Ideen sind gefordert. Interessenten, deren Eigenheimträume geplatzt sind, bietet man (mit etwas zeitlichem Abstand) eine kleinere Immobilie an, vielleicht werden aus gescheiterten Käufern dann Kapitalanleger und andere Zielgruppen, wie Handwerksmeister, nutzen jetzt die
Gunst der Stunde.

Der Makler muss sie nur wachküssen.

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Editorial Ausgabe 133

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